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Dä Gas – Dat Süppke

Dä Gas – Dat Süppke

Der Gast – Das Süppchen


Aus Meiderich und Mülheim an der Ruhr belegt ist das Gedicht über den kleinen Josef und das Tischgebet. Eine kleine Erzählung, die in verschiedenen Orten verbreitet ist, wird in der Region auch „Wanderdöneken“ genannt.

Neben den Titeln lassen sich auch kleine inhaltliche Unterschiede festmachen. In Meiderich ist diese Geschichte als „Dä Gas“ bekannt, nach dem Tischgebet „kom, liiwén Hér, sin osen Gas,“ komm, lieber Herr, sei unser Gast, während in Mülheim das Gericht im Vordergrund steht. Dort lautet der Titel „Dat Süppke“ – Das Süppchen.

Die Orte Meiderich und Mülheim an der Ruhr liegen etwa 10 Kilometer voneinander entfernt. Anhand des ähnlichen Textes lassen sich die sprachlichen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Orten anschaulich darstellen. Das weiter westlich gelegene Meiderich weist stärker kleverländische Einflüsse auf, während Mülheim schon über eine ostbergische Mundart verfügt.

Karte Meiderich und Mülheim an der Ruhr

Bereitgestellt wurden die Texte von Franz Firla, der sich in seiner Wahlheimat Mülheim an der Ruhr für den Erhalt und die Pflege der Mundart einsetzt.

Damit Sie die Gedichte bestmöglich verstehen können, finden Sie rechts neben dem Text in Mundart die hochdeutsche Übertragung.

Dä Gas (Meiderich)

Béj Müllers op dän Médagsdésch,
do damp én läkér Süpke.
Vol Kooldamp soot op siné Plaz,
— dat klééne Jüpke.
Hai noom dän Lääpel éne Hand
on fing gau aan te ääte,
do säät de Mam: „Hé, liiwe Jong,
dou dörws dat Baije ni vergääte.“
Bei Müllers auf dem Mittagstisch,
da dampfte ein leckeres Süppchen.
Voll Kohldampf saß auf seinem Platz,
– der kleine Josef.
Er nahm den Löffel in die Hand
und fing gleich an zu essen,
da sagte die Mutter, „Hey, lieber Junge,
du darfst das Beten nicht vergessen.“
Dat Jüpké daij én Oogenblék
mol gröndléch ööwerläge
on säät dan: „Mam, wan ék nu baij,
kom, liiwén Hér, sin osen Gas,
on dän daij wörkléch kome,
dan kömps dou mét din Sup ni üt
on wéj sénd dan di Dome.“
Der Josef hat einen Augenblick
mal gründlich überlegt
und sagte dann: „Mama, wenn ich nun bete,
komm, lieber Herr, sei unser Gast,
und er würde wirklich kommen,
dann kommst du mit deiner Suppe nicht aus
und wir sind dann die Dummen.“

Dat Süppke (Mülheim an der Ruhr)

Be-i Dünkes op dä Middagsdeesch,
do deimp en lecker Ssüppke
un opchereech un hungrich ssitt
op ssinnem Platz et Jüppke.
He nimmp dä Leppel ine Haund
un fänk all aan te eete,
ssin Mooder sset,
„Nou dun et Be-e ne vercheete.“
Bei Dünkes auf dem Mittagstisch,
da dampft ein leckeres Süppchen,
und aufgeregt und hungrig sitzt
auf seinem Platz der kleine Josef.
Er nimmt den Löffel in die Hand
und fängt schon an zu essen,
da sagt seine Mutter,
„Nun das Beten nicht vergessen.“
Kle-in Jüppke de-it en Ougenblick
ssich chründlich öwerlägge,
dann sset he Mooder: „Paas ees op,
ick mut’sche ees wat ssägge:
Wenn ick nou bät, komm lieber Herr,
un he de-it wirklich kumme,
dann küms dou mit der Ssupp ne ut
un we-i ssind dann die Dumme.“
Klein Josef nimmt einen Augenblick,
es sich gründlich zu überlegen,
dann sagt er zur Mutter, „Pass mal auf,
ich muss dir erst was sagen:
Wenn ich nun bete, komm lieber Herr,
und er würde wirklich kommen,
dann kämst du mit der Suppe nicht aus
und wir sind dann die Dummen.“

Textvergleich

Dä Gas (Meiderich)Dat Süppke (Mülheim an der Ruhr)
Béj Müllers op dän Médagsdésch,
do damp én läkér Süpke.
Vol Kooldamp soot op siné Plaz,
— dat klééne Jüpke.
Hai noom dän Lääpel éne Hand
on fing gau aan te ääte,
do säät de Mam: „Hé, liiwe Jong,
dou dörws dat Baije ni vergääte.“
Be-i Dünkes op dä Middagsdeesch,
do deimp en lecker Ssüppke
un opchereech un hungrich ssitt
op ssinnem Platz et Jüppke.
He nimmp dä Leppel ine Haund
un fänk all aan te eete,
ssin Mooder sset,
„Nou dun et Be-e ne vercheete.“
Dat Jüpké daij én Oogenblék
mol gröndléch ööwerläge
on säät dan:
„Mam, wan ék nu baij,
kom, liiwén Hér, sin osen Gas,
on dän daij wörkléch kome,
dan kömps dou mét din Sup ni üt
on wéj sénd dan di Dome.
Kle-in Jüppke de-it en Ougenblick
ssich chründlich öwerlägge,
dann sset he Mooder: „Paas ees op,
ick mut’sche ees wat ssägge:
Wenn ick nou bät, komm lieber Herr,
un he de-it wirklich kumme,
dann küms dou mit der Ssupp ne ut
un we-i ssind dann die Dumme.“

Dieser Text wurde freundlicherweise von Herrn Franz Firla aus Mülheim an der Ruhr zur Verfügung gestellt.

Originaltexte in Meidericher und Mülheimer Mundart, übertragen ins Hochdeutsche von Marc Real

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