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Kasse Spass verdrägen?

Kasse Spass verdrägen?

Kannst Du Spaß vertragen?


Aus Werden stammt die Geschichte vom volltrunkenen Mühlenbauern auf seinem Weg nach Hause.

Im Jahre 1913 ist sie in der mundartlichen Sammlung „Waddische Quatereien“ des Werdener Mundartautors Franz Ludger Butenberg erschienen.

In neuerer Zeit wurde sie als Beispiel für Waddisch Platt von dem Mülheimer Autor Franz Firla in sein Buch „RuSaKeWe“ aufgenommen. „RuSaKeWe“ ist im Jahre 2008 erschienen und befasst sich mit den Mundarten des unteren Ruhrtals zwischen Ruhrort und Werden. Der Name des Buches leitet sich aus den Ortschaften Ruhrort, Saarn, Kettwig und Werden ab und präsentiert neben mundartlichen Texten auch Hintergrundwissen und ein kleines Platt-Wörterbuch. An dieser Stelle möchte ich Herrn Firla für die freundliche Unterstützung dieser Seite herzlich danken.

In seinem Begleittext zur Geschichte schreibt Franz Firla: „Schon mit 20 Jahren veröffentlichte Franz Ludger Butenberg 1913 eine Sammlung ergötzlicher, wahrhafter Geschichten, um in Werden das „Andenken an unsere lustigen Väter aufzufrischen“: Waddische Quatereien! Sein Vater Friedrich Butenberg war Schumacher und wohnte an der Ruhrstraße 55. In einer frühen Rezension des Büchleins ist von „Schnurren und Schwänken“ die Rede, welche Butenberg zu ihrem alten Kern zurückgeführt habe. Auch Hubert Göbels bescheinigt ihm in seinem Begleittext zur Faksimile-Neuveröffentlichung 1994, ein „Denkmalpfleger der plattdeutschen Mundart“ zu sein.“

Damit Sie diese Geschichte bestmöglich verstehen können, finden Sie rechts neben dem Text in Mundart die hochdeutsche Übertragung.

Kasse Spaß verdrägen?

De Möhlenbur koam es we’r stänenhagelvoll noah Hus. Et woar en de Nöijoahrsnacht, de Grog hatt öhm so god geschmackt, on eh’ he sich versoach, woar he we’r sinen aulen Wegg gegangen. Dötmoal scheen’t öhm awer, as of sich sin schwake Stond van vörhen ganz verdeuwelt en sin Bein fastgesatt hätt, denn die aulen Schocken woulen net recht me’r metdoen.Der Mühlenbauer kam einmal wieder sternhagelvoll nach Hause. Es war in der Neujahrsnacht, der Grog hatt ihm so gut geschmeckt, und ehe er sich versah, war er wieder seinen alten Weg gegangen. Diesmal schien es ihm aber, als ob sich seine schwache Stunde von vorher ganz verteufelt in seinem Bein festgesetzt hätte, den die alten Stumpen wollen nicht mehr recht mitmachen.
On nu moß he en sinen Tostaund ouk noch öwer die Beek, on die Bröck doadröwer hatt bloß an einer Sit en Geländer! Helliger Bimbam!! Dem Bur brook de Angstschweit ut allen Poaren; he woard ganz kaduk. Endlich scheen en siner söinigen Boscht en Stalllatern optogoahn. He feel nämlich – ouk wall en betchen onfreiwillig van wegen der schwaken Stond en sin Schocken – op de Knee on bätt: „Leewe Herr! Häw Erbarmen! Ek well mi em nöjen Joahr nie mehr bedrenken, loat mi nu ouk noch einmoal an die Bröck kommen!“Und nun musste er in seinem Zustand noch über den Bach, und die Brücke darüber hatte bloß an einer Seite ein Geländer! Heiliger Bimbam! Dem Bauern brach der Angstschweiß aus allen Poren; er wurde ganz kleinlaut. Endlich schien in seiner sündigen Brust eine Stalllaterne aufzugehen. Er fiel nämlich – auch wohl ein bisschen unfreiwillig wegen der schwachen Stunde in seinen Beinen – auf die Knie und betete: „Lieber Herr! Hab Erbarmen! Ich will mich im neuen Jahr nicht mehr betrinken, lass mich nun auch noch einmal an die Brücke kommen!“
He tappt on tappt – Gottseidank, doa hät he’t Geländer. “So,” lacht he hell op, mäkt en recht pfiffig Gesecht on kiekt noah boawen, “du glöiws ouk alles. – Nu kaße mi es den Nachen döijen, ek …“ doa nömmt he en Schööt noah de aunere Siet, on – flutsch, leet he en de Beek.Er tastet und tastet – Gott sei Dank, da hatte er das Geländer. „So,“ lacht er lauf auf, macht ein recht pfiffiges Gesicht und sieht nach oben, „du glaubst auch alles. – Nun kannst du mir mal in den Nacken hauen, ich …“ Da nimmt er einen Schuss zur anderen Seite, und – flutsch, liegt er im Bach.
On he prußt’ on prußt’, on patscht’ on krawelten sich am Ower herop, kiekt en de Höcht on schockelt den Kopp: „Du kaß ouk ken’n Spaß verdrägen -“ plustert sich, wie en nat Hohn, on geiht noah Hus.Und er prustet und prustet, und rudert und klettert das Ufer hinauf, sieht in die Höhe und schüttelt den Kopf: „Du kannst auch keinen Spaß vertragen -“ plustert sich, wie ein nasses Huhn und geht nach Hause.

aus: „RuSaKeWe, Alte und neue Texte in den Mundarten der unteren Ruhr bei Ruhrort, Saarn, Kettwig und Werden“ von Franz Firla, erschienen 2008 in der Buchhandlung Hilberath & Lange zu Mülheim an der Ruhr, Seite 117, erstmals veröffentlicht in: „Waddische Quatereien“ von Franz Ludger Butenberg, erschienen 1913 in Werden an der Ruhr

Originaltext in Werdener Mundart, übertragen ins Hochdeutsche von Marc Real

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