Ein Gespräch
Aus Düsseldorf stammen zwei kleine Gedichte und ein Gespräch zweier Frauen.
Im Jahre 1822 wurde diese Sammlung durch den aus dem sächsischen Lauchstädt stammenden Philologen Johann Gottlied Radlof in das Werk „Mustersaal aller teutschen Mundarten“ als Beispiel der Düsseldorfer Mundart aufgenommen.
Damit Sie alle Texte bestmöglich verstehen können, finden Sie rechts neben dem Text in Mundart die hochdeutsche Übertragung.
Ene Kalle
Eine Nachbarin und Frau Dudewings
Nohberin: „Frau Dudewings, wad hat ihr för schön Kändche an de Mütz! Wer hätt ed öch gemesse, ed Stinche oder Drütche? Ät hat er geweß von öhre Mann för en Kermeß gekräge? Eh, wad! Minne Mann lößt mech lever e ganz Johr wade; eh de mech wad för en Kermeß det gewe. Ever ech schecke öm dä Bittfahr und floh ähm dä Mümelcher.“ | Nachbarin: „Frau Dudewings, was haben Sie für eine schöne Krempe an dem Hut! Wer hat sie Ihnen ausgemessen, die Christine oder Gertrud? Den haben Sie gewiss von Ihrem Mann für ein Fest bekommen? Ach, was! Mein Mann lässt mich lieber ein ganzes Jahr warten; ehe er mir etwas für ein Fest gibt. Aber ich bleibe hartnäckig und entlocke ihm die Murmeln (= das Geld).“ |
Dudewings: „Dad hav ich mine gode Drikes zu verdanke; wenn dem sine Fenger klagt, so dät öm die ganze Hang wih! On wenn öm sin Hang klagt, so dät öm sine ganze Liv wih, so es hä dot‘s krank.“ | Dudewings: „Das habe ich meinem guten Heinrich zu verdanken; wenn ihm sein Finger schmerzt, dann tut ihm die ganze Hand weh! Und wenn ihm seine Hand schmerzt, dann tut ihm sein ganzer Leib weh, dann ist er totkrank.“ |
Do kom ich op die Schötzendell
Do kom ich op die Schötzedell Do begegnt mech der Schöder met der Schell Do stellt he sech ob de Eck On predigt we ene Geck Phaladri Phaladra dreh die Pürück heröm Setz si op. | Da kam ich auf die Zitadelle Da begegnet mir der Ausrufer mit der Schelle Da stellt er sich auf das Eck Und predigt wie ein Geck Falleri Fallera dreh die Perücke herum Setz sie auf. |
Hotz Himmelpestilenz Hätt dat Lärmen noch ken Eng Polezen, Scherdsand, kletsch en an die Wand Häng en op. | Potz Himmelspestilenz Hat das Lärmen noch kein Ende Polizei, Sergeant, schlage ihn an die Wand Häng ihn auf. |
Ob der Rhingstroß in dem Schwane Do könne sech die Lük nit verdrage Dad dicke Spennrot‘s Wif Stocht angersch nix als Zank on Strit Dä Spennrot es so grob He schlet dem Stockfesch op de Kop Phaladri Phaladra drih die Pürück heröm Setz si op. | Auf der Rheinstraße im Lokal Schwanen Da können sich die Leute nicht vertragen Die dicke Frau von Krämer Spennrot Schürt nichts anderes als Zank und Streit Der Spennrot ist so groß Er schlägt dem Stockfisch auf den Kopf Falleri Fallera dreh die Perücke herum Setz sie auf. |
Do komm ech op de Neubröck Do begegnt mech dä Bröck Do hat ech kene Deckel Do wenkt he mech met dem Steckel Phaladri Phaladra dreh die Pürück heröm Setz si op. | Da komme ich auf die Neubrücke Da begegnet mir Wachmann Bröck Da hatte ich keinen Deckel Da winkt er mir mit dem Stecken Falleri Fallera dreh die Perücke herum Setz sie auf. |
Rege, Rege schure
Rege, Rege schure Zu Cölle op de Mure Do setze drey Panture Di wäsche sech Di plätsche sech Bes der Rege över es. | Regen, Regenschauer Zu Köln auf der Mauer Da sitzen drei Panduren Die waschen sic Die baden sich Bis der Regen vorüber ist. |
aus: „Mustersaal aller teutschen Mundarten, enthaltend Gedichte, prosaische Aufsätze und kleine Lustspiele in den verschiedenen Mundarten aufgesetzt; und mit kurzen Erläuterungen versehen“ von Johann Gottlieb Radlof, Zweiter Band, erschienen 1822 im Verlag von Heinrich Büschler zu Bonn, Seiten 195 bis 196
Originaltext in Düsseldorfer Mundart, übertragen ins Hochdeutsche von Marc Real