bergischplatt.de - Die Sprachwelt an Rhein, Ruhr und Wupper

Wu dem Me-ister di neegen un dattig Wehke lang un die Wäkwehke kott wäden

Wu dem Me-ister di neegen un dattig Wehke lang un die Wäkwehke kott wäden

Wie dem Meister die neununddreißig Wochen lang und die Flitterwoche kurz werden


Aus Mülheim an der Ruhr stammt die Erzählung vom bergischen Schulmeister Beekwahter, der im frühen 19. Jahrhundert die verwaiste Schule in Eppinghofen auf Vordermann bringen sollte.

Im Jahre 1872 ist diese Erzählung des Mülheimer Schriftstellers Heinrich Kühne im den Ersten Band der Reihe „Ut auler un neier Tied“ auf Mölmsch Platt veröffentlicht worden. Bei dem folgenden Stück handelt es sich um einen Ausschnitt aus dem sechsten Kapitel.

Damit Sie dieses Gedicht bestmöglich verstehen können, finden Sie rechts neben dem Text in Mundart die hochdeutsche Übertragung.

Wu dem Me-ister di neegen un dattig Wehke lang un die Wäkwehke kott wäden

Noch an demselwen Ohwend greep Beekwahter tum Kalender un tault di Wehken büs tum Herws af. He schudd met dem Koppen un sagg met suhrem Gesich, et wüar gar te lang. Doch, wat wuar te mahken, me muß sich drin fe-inen. Nou fink he an, te öwerläggen, wu de Tied te nütße wüar, sim Bruht en Freud te mahken. He kuam op allerhaund Tön, bragg ouk wat heruht. Teeas soul et in de Hadsper gohn, all am künfdige Sonndag. In dem Briew, dän he doch schriewe muß, üm dem Oamen de schüldige Anße-ig te mahken, guaw he Uhtsich tertuh, dat si komme wöhden.Noch an demselben Abend griff Beekwahter zum Kalender und zählte die Wochen bis zum Herbst ab. Er schüttelte mit dem Kopf und sagte mit saurem Gesicht, es wäre gar zu lange. Doch, was war zu machten, man muss sich damit abfinden. Nun fing er an, zu überlegen, wie die Zeit zu nützen wäre, um seiner Braut eine Freude zu machen. Er kam auf allerhand Töne, brachte auch etwas heraus. Zuerst sollte es nach Haarzopf gehen, schon am kommenden Sonntag. In dem Briew, den er doch schreiben musste, um dem Onkel die ausstehende Anzeige zu machen, gab er Aussicht dazu, dass sie kommen würden.
Dä gudde Vöargeschmack, dä sich be-i dem Gedanken dran all instault, bragg en dohin, op Toure rechs un links te dinken. „Wa märr ehs dä We-inter vöröwer wüar!“ sagg he. Doch dä folgende Sonndag wuar su nett hell, ouk nit kault, dat nix te wünschen öwrig bleew. Si richden sich no den Ümstäinen. Wuar et Weer gudd, dann gingen si öwer Laund; wuar‘t schlech, dann suaten si be-i der Möhn um pluhderden, un dat hadd ouk wat Nettes. Dobe-i guaw et völl te öwerläggen, denn Aenneken wuar su nit do. Se hadd nit ümesüß su lang gespard un gesponnen, et gault nou de Uhtstattunk, un dobe-i wuar se der Me-inunk, se müß et ahl met e-igener Haund näien. Wenn üm de Tied te lang wohd, dann klagen söü, se wüß nit fähdig te wähden.Der gute Vorgeschmack, der sich bei dem Gedanken daran bereits einstellte, brachte ihn dazu, auf Touren rechts und links zu denken. „Wenn doch mal der Winter zu Ende wäre!“, sagte er. Doch der folgende Sonntag war so schön hell, auch nicht kalt, dass nichts zu wünschen übrig blieb. Sie richteten sich nach den Umständen. War das Wetter gut, dann gingen sie über Land; war es schlecht, dann saßen sie bei der Tante und plauderten, und das hatte auch etwas Nettes. Dabei gab es viel zu überlegen, denn Ännchen war nicht einfach so da. Sie hatte nicht umsonst so lange gespart und gespinnt, es war nun die Ausstattung wert, und dabei war sie der Meinung, sie müsste es alles mit eigener Hand nähen. Wenn ihr die Zeit zu lang wurde, dann klagte sie, sie wüsste nicht fertig zu werden.
De Möhn wuar glückliger Wies met Uhtgank des We-inters wier behter, su dat se sich gudd helpe koun. Do gink se e-ines Dags an üare Lihnwaundkasten un öwerlagg. Un eß am aunere Sonndag-Nomiddag Aenneke koum tum Sitte gekomme wuar, do kuam ouk e Mädschen, wat de Me-istersche bestault hadd, un sagg, se wüar de Näidrütschen.Die Tante fühlte sich glücklicherweise zum Ende des Winters wieder besser, so dass sie sich gut helfen konnte. Da ging sie eines Tages an ihren Wäschekasten und überlegte. Und als am nächsten Sonntagnachmittag Ännchen kaum zum Sitzen gekommen war, da kam auch ein Mädchen, das die Meistersfrau bestellt hatte, und sagte, sie wäre die Näherin Gertrud.
Se muß met der Frau in de Kahmer an dä Kaste gohn un si braggden dre-i Stücker Lihnen met in de Stuhw.Sie musste mit der Frau an den Kasten im Zimmer gehen und sie brachten drei Stücke Leinen mit in die Stube.
„Aenneken“, sagg de Möhn, „Willem mak de Beddstatt no derselwen Mohten eß de us üß. Giw Je nou met der Jumpfer dran, die Beddlahkes vam Stücken te schnien, se kann si dann an üarem Huhße maken. Sägg märr, wu De‘t häwwe woß.“„Ännchen,“ sagte die Tante, „Wilhelm macht die Bettstatt nach denselben Maßen wie die unsrige. Mach Dich nun mit der jungen Frau daran, die Bettlaken aus diesen Stücken zu schneidern, sie kann sie dann in eurem Haus machen. Sag nur, wi Du sie haben willst.“
Aenneken makden e fröündlig Gesich, guaw der Möhn de Haund met en völlsäggendem Blick un et Wohd, se wüß niet, wat se sägge söül.Ännchen machte ein freundliches Gesicht, gab der Tante die Hand mit einem vielsagenden Blick und dem Wort, sie wüsste nicht, was sie sagen sollte.
Dat we-it ick,“ sagg de Me-ister, „danke saß De säggen!“„Das weiß ich“, sagte der Meister, „danke sollst Du sagen!“
„Dou heß Rech,“ sagg Aenneken. „Ewer nou vertrahd Je e Stündschen, we-i könne Je hie nit bruhken.“„Du hast Recht,“ sagte Ännchen. „Aber nun vertrete Dir für ein Stündchen (die Beine), wir können Dich hier nicht brauchen.“
He suag et in un gink. Un eß he des Ohwes sim Bruht no‘m Dörpen bragg, sagg se: „Dink ehs an, dat guawen twe Dutzend Beddlahkes un noch völl bleew öwer.“Er sah das ein und ging. Und als er des Abends seine Braut ins Dorf brachte, sagte sie: „Überleg Dir das mal, das gibt zwei Bettlaken und es bleibt noch viel über.“
„Wufüar wäd dat dann verwahrd?“ frug he met Lachen, un se sagg wier: „Woß De wahl schwiegen!“ Su folgden e-in Freund der aunern, un me wuar midden im Frühjohr, ear me‘t gedach hadd, un dä Me-ister muß an sinne Vöardrag vör de Conferenß dinken. Et wuar e Glück, dat he fruh genug dra gegange wuar, he brukden et sich bloas terech te läggen, he hadd et nit alle-in im Koppen, he hadd et ouk su wied et em gudd dünkden in der Schualen duargemack.„Wofür wird das denn verwahrt?“ fragte er mit Lachen, und sie sagte wieder: „Wirst Du wohl schweigen!“ So folgte eine Freunde der anderen, und man war mitten im Frühjahr, ehe man das gedacht hatte, und der Meister musste an seinen Vortrag für die Konferenz denken. Es war ein Glück, dass er früh genug darangegangen war, er brauchte es sich bloß zurechtzulegen, er hatte es nicht nur im Kopf, er hatte es auch so weit es ihm gut erschien in der Schule durchgegangen.
Pe-isten un met üm de Conferenß kuam. Se wuar ditmol gudd besuch. Noh der Eröffnunk duar Kahlemberg wohd gefrog, Wä ‘nen Vöardrag te haule gesonne wüar. Dann wohd Beekwahter et Wohd gegehwen.Pfingsten kam – und damit die Konferenz. Sie war diesmal gut besucht. Nach der Eröffnung durch Kahlenberg wurde gefragt, wer einen Vortrag zu halten gesinnt wäre. Dann wurde Beekwahter das Wort gegeben.
He beschreew et easde di aul Schualen un wees dann noh, wat Rochow met Hölpe vam Bruns drut gemack hadd. No der allgeme-in Beschriewung gink he drop in, mat wat vör en Erfolg he selwer dit un dat probird un duargesatt un wat vör Erfahrungen he dobe-i gemack hadd.Er beschrieb zuerst die alte Schule und zeigte danach, was Rochow mit Hilfe von Bruns daraus gemacht hatten. Nach der allgemeinen Beschreibung ging er darauf ein, mit welchem Erfolg er selbst dies und das probiert und durchgesetzt und welche Erfahrungen er dabei gemacht hatte.
Eß he tum E-in gekomme wuar, meldeten sich van ahle Sidden Me-istes tum Wohd, un Kahlemberg hadd genug te duhn, dat et nit duare-in gink. He schlug im Ihfer op den Disch un verlangten Stille. Dann sagg he, dat gink niet, dat er siewen op e-imol sprüaken, ni ehs twea, märr e-inen. Un domet Ordnunk wüar, müß ümmer e-inen tegen, und dann wier e-inen füar sprehken.Als er zum Ende gekommen war, meldeten sich von allen Seiten Meister zu Wort, und Kahlenberg hatte genug zu tun, dass es nicht durcheinander ging. Er schlug im Eifer auf den Tisch und verlangte Stille. Dann sagte er, das ginge nicht, dass dort sieben auf einmal sprächen, nicht einmal zwei, sondern nur einer. Und damit Ordnung würde, müsste immer einer gegen, und dann wieder einer dafür sprechen.
Ouk müß beobach wähden, wu et ope-in te folgen hädd, me müß et easde et Allgeme-ine besprehken, dann dat Besounere.Auch müsste beobachtet werden, wie es aufeinander folgen würde, man müsste zuerst das Allgemeine besprechen, dann das Besondere.
He frug dann, wä wat tegen de gegehwene Schilderunk van der Schualen in Reckahn intewenden hädd.Er fragte dann, wer etwas gegen die gegebene Schilderung über die Schule in Reckahn einzuwenden hätte.
Eß sich op dis Frog ke-ine meldete, kuamen de e-inzeln Ounerrichsgegestäin an die Rieg.Als sich auf diese Frage niemand meldete, kamen die einzelnen Unterrichtsgegenstände an die Reihe.
Di Me-istes gingen tegene-in in‘t Geschirr, dat et en Aad hadd, un wat vöarher noch de-ilwies nit rech verstaune wuar, dat wohd kloor. Faund sich vör ein wichtigem Punk ke-inen, dä füar sprehke woul, dann wohd Beekwahter et Wohd gegehwen, üm die Inwendungen te widerläggen, un he reet sich me-istens gudd heruht.Die Meister gingen gegeneinander ins Gericht, dass es eine Art hatte, und was vorher noch teilweise nicht richtig verstanden war, das wurde klar. Fand sich vör einem wichtigen Punkt niemand, der dafür sprechen wollte, dann wurde Beekwahter das Wort gegeben, um die Inwendungen zu wiederlegen, und er redete sich meistens gut heraus.
Dat Ganße bragg vör die Me-istes en Anregunk, de niet met Gäild te betahle wuar. Un Kahlemberg faund Be-ifall met dem Wohd, je he-iter de Gefech wüar, üm so mear Funke flögen herüm.Das Ganze brachte den Meistern eine Anregung, die nicht mit Geld zu bezahlen war. Und Kahlenberg fand Beifall mit dem Wort, je heißer das Gefecht würde, um so mehr Funken flögen herum.
Indlich wohd besprohken, wat in der nöhste Conferenß vöargenohme wäde soul un Alles genau faßgesatt.Endlich wurde besprochen, was in der nächsten Konferenz vorgenommen werden sollte und alles genau festgelegt.
Donoh nuam Beekwahter noch ehs et Wohd un makden dä Vöarschlag, newen dem Ähns ouk dä Spaß e Stündschen te gönnen. He sagg, et hädd üm un ouk aunere gefallen, dat be-i dem Jubelfeß vam College Fließ dän Ton e-imol ageschlage wohde wüar. Et brukde märr in der Form te liggen, me-inden he, un güaw en erfreulige Opmunterunk.Danach nahm Beekwater noch einmal das Wort und machte den Vorschlag, neben dem Ernst auch dem Spaß ein Stündchen zu gönnen. Er sagte, es hätte ihm und auch anderen gefallen, dass bei dem Jubelfest des Kollegen Fließ der Ton einmal angeschlagen worden wäre. Es brauchte bloß in der Form zu liegen, meinte er, und gab eine erfreuliche Aufmunterung.
Ouk dat wohd agenohmen. Su wuar dann de Angelegenhe-it gudd afgeloupen.Auch das wurde angenommen. So war dann die Angelegenheit gut abgelaufen.
Wat nou de Schual in Ewwekowwen age-id, su nuam Alles en gudde Fotgank, un doch koun ouk do wat vöarkommen, wo ke-i Misch an gedach hadd. Me we-it nit rech, sall me säggen, Beekwahter wüar dä Junges te gudd gewehß, of, he hädd e-infach en Fehlgreep gemack. Genug, et darw nit öwergange wähden.Was nun die Schule in Eppinghofen angeht, so nahm alles einen guten Fortgang, und doch konnte auch dort etwas vorkommen, an das kein Mensch gedacht hatte. Man wüsste nicht recht, sollte man sagen, ob Beekwahter zu gut zu den Jungen gewesen sei, oder, ob er einfach einen Fehlgriff gemacht hätte. Genug, es darf nicht übergangen werden.

aus: „Ut auler un neier Tied. Erzählungen in niederdeutscher Mundart“ von Heinrich Kühne (H. K. vam Hingberg), Erster Band: „Meister Beekwahter“, erschienen 1872 in der Verlagshandlung von Wilhelm Baensch zu Leipzig, Seiten 127 bis 131

Originaltext in Mülheimer Mundart, übertragen ins Hochdeutsche von Marc Real

Related Posts