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De läzzde Partie Sechsonsechzig

De läzzde Partie Sechsonsechzig

Die letzte Partie Sechsundsechzig


Aus Lintorf stammt diese Geschichte über eine Mutter und ihren Sohn, die sich wöchentlich zum Kartenspiel trafen.

Diese Geschichte wurde von dem Lintorfer Drucker und Heimatchronisten Hubert Perpéet verfasst. Er wurde im Jahre 1892 geboren und erlangte durch seine verlegerische Tätigkeit Bekanntheit, die mehrere Zeitungen und Zeitschriften für Lintorf und das Amt Angerland hervorbrachte. So beteiligte er sich auch häufig mit mundartlichen Beiträgen an der seit 1950 erscheinenden „Die Quecke“. Diese Zeitschrift wird vom Verein Lintorfer Heimatfreunde herausgegeben, dessen Mitbegründer er im Jahre 1950 war. Hubert Perpéet verstarb im Jahre 1970.


Hubert Perpéet
Hubert Perpéet (1892 – 1970)
Bild zur Verfügung gestellt vom Verein Lintorfer Heimatfreunde e.V.

Damit Sie diese Geschichte bestmöglich verstehen können, finden Sie rechts neben dem Text in Mundart die hochdeutsche Übertragung.

Diese Erzählung wurde freundlicherweise vom Verein Lintorfer Heimatfreunde zur Verfügung gestellt. Für die gute Zusammenarbeit möchte ich mich herzlich bei der Vorsitzenden, Frau Barbara Lüdecke, bedanken!


De läzzde Partie Sechsonsechzig

Et wohr ne schühne Suhmerdagg jewehse, on de Sonn jing glündig onger. Dorch et ope Fenster kohmen de läzzde Strohle en de Stuv on helle Striepe lohren op den aule E-ikemöbele. Em Sessel, diep en de Kösse gedrökkt, soht et aule Mötterke on haht de Häng gefaule. Et bekiek sech met jlöcklechem Jesecht dat Spell von dänn Sonnestrohle. Dr Kaffedösch wohr schniewitt jedeckt. De Kaffekann stong onger dämm bongte Kaffewärmer. Twei Tasse stongen om Dösch, worut mr entnehme könnt, dat et Mötterke Besühk erwardten. Brunge Muhze lohren en dr witte Schöttel.Es ist ein schöner Sommertag gewesen und die Sonne ging glühend unter. Durch das offene Fenster kamen die letzten Strahlen in die Stube und helle Streifen lagen auf den alten Eichenmöbeln. Im Sessel, tief in die Kissen gedrückt, saß das alte Mütterchen und hatte ihre Hände gefalten. Sie besah sich mit glücklichem Gesicht das Spiel der Sonnenstrahlen. Der Kaffeetisch war schneeweiß gedeckt. Die Kaffeekanne stand unter dem bunten Kaffeewärmer. Zwei Tassen standen auf dem Tisch, woraus man entnehmen konnte, dass das Mütterchen Besuch erwartete. Braune Mutzen lagen in der weißen Schüssel.
Hütt wohr de huhre Festdaeg, ahn dämm dr enzige Jong — ne döchtige Dokteren drjruhte Stadt — et Mötterke, wie allweekes, besühke dieht. Do huhden et Mötterke Trett em Huhsfluhr; opjeregt drökkden se sech ut de Kösse huch, on vor Oprejung krech et rute Bäckskes. Dann haht se öhre Jong widder. Se nohm sinn Häng on bekiek en sech janz jenau, on diet ut dänn O-uge vom Jong alles erut lese, watt se wiehte wollt. Andächtig jow se dämm jruhte Jong ne Buzz op dr Monk.Heute war der hohe Festtag, an dem der einzige Sohn – ein fleißiger Arzt in der großen Stadt – das Mütterchen, wie jede Woche, besuchte. Da hörte das Mütterchen Schritte im Hausflur; aufgeregt drückte sie sich aus den Kissen hoch, und vor Aufregung bekam sie rote Wänglein. Dann hatte sie ihren Jungen wieder. Sie nahm seine Hände und besah ihn sich ganz genau, und las aus den Augen des Jungen alles ab, was sie wissen wollte. Andächtig gab sie dem großen Sohn einen Kuss auf den Mund.
Dann wuht dr Kaffedösch eranjeröckt on Motter on Jong liehten sech die läckere Muhze on de juhde Kaffe, wie en bluhs dat Mötterke braue könnt, schmecke. Währendämm wuht vertällt von Frau on Kenger, von sinn Patiente emm Krankehuhs on von döss on dett. Dann diet dr Jong dr Kaffedösch affrühme on et Kahtespell wuht jehollt. Opjerümmt on alät spellden et Mötterke met öhrem Jong Sechsonsechzig on wohr fruh, wenn se ömm e paar Penning affluxe könnt.Dann wurde der Kaffeetisch herangerückt und Mutter und Sohn ließen sich die leckeren Mutzen und den guten Kaffee, wie ihn bloß das Mütterchen machen konnte, schmecken. Währenddessen wurde erzählt von Frau und Kindern, seinen Patienten im Krankenhaus und über dies und das. Dann räumte der Sohn den Kaffeetisch ab und das Kartenspiel wurde geholt. Aufgeräumt und fröhlich spielte das Mütterchen mit ihrem Sohn Sechsundsechzig und war froh, wenn sie ihm ein paar Pfennig abluchsen konnte.
Suh wohr et immer, wenn dr Jong op Besühk kohm. Böss op ne juhde Dagg et Mötterke krank em Bett lohr. De Krankeschwester moss dr Kaffedösch parat mahke on de Muhze bakke on dr Kaffe kohke. Wie dr Jong kohm, soht et Mötterke em Bett, von Kösse gestützt. De läzzde Partie Sechsonsechzig spellden se met öhrem Jong op dr Bettdeck, böss öhr dr Duht de Kahte ut de walke Häng nohm. Glöcklech on verklärt wohr dat schmale Jesechtke vom Mötterke — dr Jong haht öhr dat läzzde Spell gewenne lohte.So war es immer, wenn der Sohn zu Besuch kam. Bis, dass eines schönen Tages das Mütterchen krank im Bett lag. Die Krankenschwester musste den Kaffeetisch bereitmachen und die Mutzen backen und den Kaffee kochen. Als der Junge kam, saß die Mutter im Bett, von Kissen gestützt. Die letzte Partie Sechsundsechzig spielte sie mit ihrem Sohn auf der Bettdecke, bis ihr der Tod die Karten aus den welken Händen nahm. Glücklich und verklärt war das schmale Gesicht vom Mütterchen – der Sohn hat sie das letzte Spiel gewinnen lassen

aus der Zeitschrift „Die Quecke – Angerländer Heimatblätter“, 2. Jahrgang, 4. Ausgabe, erschienen im April 1951, herausgegeben vom Verein Lintorfer Heimatfreunde zu Lintorf, Seite 8

Originaltext in Lintorfer Mundart, übertragen ins Hochdeutsche von Marc Real

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