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Mätensleed

Mätensleed

Martinslied


Aus Elberfeld stammt dieses Heischelied, das am Fest des heiligen Martin gesungen wurde. In der Erklärung dazu heißt es: „In Elberfeld war es bis auf die neuesten Zeiten uralte Sitte, daß [sic!] am Vorabende des Martinstages die Kinder mit auf Stöcken befestigten ausgehöhlten Rüben oder Kürbissen, in welchen Talglichter brannten, durch die Stadt zogen, und, nachdem sie an den Hausthüren [sic!] geklingelt oder geklopft hatten, obiges Lied singend, eine Gabe erwarteten.“

Im Jahre 1854 wurde der Liedtext vom Kölner Sprachforscher Johann Matthias Firmenich-Richartz als Beispiel für die in Elberfeld gesprochene Mundart in die umfangreiche Sammlung deutscher Dialekte „Germaniens Völkerstimmen“ aufgenommen.

Damit Sie dieses Lied bestmöglich verstehen können, finden Sie rechts neben dem Text in Mundart die hochdeutsche Übertragung.

Mätensleed

Mäten es än goode Mann,Martin ist ein guter Mann,
Dä seck wall bedoen kann;Der sich wohl behelfen kann;
De Äppel on de Biaren,Die Äpfel und die Birnen,
De Nööte gonnt wall met.die Nüsse gehen gerne mit.
Jonge Frau,Junge Frau,
Lott us nit te lange ston,Lasst uns nicht zu lange stehen,
De Dagg dä geht tom Owend!Der Tag neigt sich zum Abend!
Bruckt de Frau nit op te ston,Braucht die Frau nicht aufzustehen,
Lott de Maad vüargon!Lasst die Magd vorgehen!
De Maad die löppt wall op on af,Die Magd, die läuft wohl auf und ab,
Trapp op on af,Trepp auf und ab,
Tast wall en den Nootesack,Fasst reichlich in den Nusssack,
Tast wall nit dänewen,Fasst auch nicht daneben,
Wiad us wall wat gewen.Wird uns wohl was geben.
Frau, gefft wat!Frau, gebt was!
Frau, hault wat!Frau, behaltet was!
Teegen Joar wiar wat!Nächstes Jahr wieder was!
Bowen en däm SchüaschtenOben in dem Schornstein
Hangende lange Wüaschten;Hängen die langen Würste;
Gefft us de langen,Gebt uns die langen,
Lott de kotten hangen!Lasst die kurzen hängen!
Bowen en dän Klenken,Oben an den Haken,
Do hangen de lange Schenken;Da hängen die langen Schinken;
Gefft us de langen,Gebt uns die langen,
On lott de kotten hangen!Und lasst die kurzen hängen!
(Nach einer harrenden Pause:)
Mäten es än Vögelschen,Martin ist ein Vögelchen,
Dat es so ronk äs en Kögelschen,Das ist so rund wie ein Kügelchen,
Dat flügt do här,Das fliegt dort her,
Dat stüfft do härDas wirbelt dort her
Bis öwer dän Rhien,Bis über den Rhein,
Wo de wackre Männerkes (Weiterkes) sinn.Wo die tapferen Männlein (Weiblein) sind.
(Wenn die Kinder keine Gabe erhalten, so singen sie:)
Mäten heet än Pröcke op,Martin hat eine Perücke auf,
Do sett de Gitzhals (Düwel) bowen drop!Da sitzt der Geizhals (Teufel) oben drauf!
Hie em Huus es groate Noath,Hier im Haus ist große Not,
Hie hongert de Muus em Broadschaap doad.Hier hungert die Maus im Brotfach tot.

aus: „Germaniens Völkerstimmen, Sammlung der deutschen Mundarten in Dichtungen, Sagen, Märchen, Volksliedern“ von Johannes Matthias Firmenich-Richartz, Erster Band, erschienen 1854 in der Schlesinger’schen Buch- und Musikhandlung zu Berlin, Seite 424

Originaltext in Elberfelder Mundart, übertragen ins Hochdeutsche von Marc Real

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