Sprichwörter
Aus Solingen stammt diese Auswahl verschiedener Redensarten.
Im Jahre 1854 wurde der Liedtext vom Kölner Sprachforscher Johann Matthias Firmenich-Richartz als Beispiel für die in Solingen gesprochene Mundart in die umfangreiche Sammlung deutscher Dialekte „Germaniens Völkerstimmen“ aufgenommen.
Damit Sie diese Sprichwörter bestmöglich verstehen können, finden Sie rechts neben dem Text in Mundart die hochdeutsche Übertragung.
Sprüchwörter
1. Wo e Spröngken es, do mot men et Möngken dran haulen. | 1. Wo ein Brünnlein ist, da muss man das Mündchen dranhalten. |
2. Wer sin Lif verwahrt, der verwahrt gein dauf Nöte. | 2. Wer seinen Leib verwahrt, der verwahrt keine tauben Nüsse. |
3. Wann de Süll em Sacke es, dann bohrt se sech auch druten. | 3. Wenn die Ahle im Sack ist, dann bohrt sie auch heraus. |
4. Aul Möschen fängt men nit met Kaaf. | 4. Alte Spatzen fängt man nicht mit Haferspreu. |
5. Wammen den Honk schmiten well, da mag des Klöppels leite. | 5. Wenn man den Hund schmeißen will, dann gelingt das mit dem Knüppel leicht. |
6. Der Sack es des Bengels nit werth. | 6. Der Sack ist des Bändels nicht wert. |
7. En bloh Scheen schwart stuten. | 7. Ein blaues Schienbein schwarz stoßen. |
8. Der Deufel kackt emmer op den grötzten Haup. | 8. Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen. |
9. Freies on Heudruges, des geschüht völl ömmesös. | 9. Freien und Heutrocknen, das geschieht oft umsonst. |
10. En aul Hippe lößt auch noch e grön Blätschen. | 10. Eine alte Ziege mag auch noch ein grünes Blättchen. |
11. De Ehster lött vam Höppen nit. | 10. Die Elster lässt das Herumspringen nicht. |
12. En Frau es e got Tüdderhault. | 12. Eine Frau ist ein guter Anbindepfahl. |
„Tüdderhault“ ist dasjenige Holz, womit Kühe auf der Weide festgemacht werden, daß [sic!] sie sich nur in einem kurzen Bezirk bewegen können.“ |
aus: „Germaniens Völkerstimmen, Sammlung der deutschen Mundarten in Dichtungen, Sagen, Märchen, Volksliedern“ von Johannes Matthias Firmenich-Richartz, Erster Band, erschienen 1854 in der Schlesinger’schen Buch- und Musikhandlung zu Berlin, Seite 442
Originaltext in Solinger Mundart, übertragen ins Hochdeutsche von Marc Real
Kommentar zu obigen Sprüchen:
3. Wann de Süll em Sacke es, dann bohrt se sech auch druten* 3. Wenn die Ahle im Sack ist, dann bohrt sie auch draußen.
Verzeihung, der Spruch besagt:
《Ist die Ahle (erst) im Sacke, bohrt sie sich auch raus.》
(Die Ahle im Sacke des wandernden Handwerksgesellen macht ihm ein Loch hinein, weil sie scharf und kantig/spitz ist. Im Gehen schubbelt sie hin und her, rutscht zunehmend tiefer, um letztlich durch ein selbstgepricktes Loch herauszuschauen. Deshalb gehört die Ahle von außen in eine angenähte Schlaufe gesteckt.)
EINVERSTANDEN?
MFG
H. Ohlendorf
zu Cronenberg
Sehr geehrte/r H. Ohlendorf,
herzlichen Dank für Ihre ausführliche Erklärung. Dann verstehe ich endlich das „druten“ – im Sinne von „heraus“ („do herut(-en)“ -> „druten“).
Aus meinem heimatlichen Dialekt war mir der Ausdruck „druten“ gar nicht geläufig, da hieße es „…dann bohrt se sech ouk erut.“ In diesem Sinne: Vielen Dank für die Aufklärung!
Mit freundlichen Grüßen
Marc Real